Mittwoch, 21. Februar 2007

Tipps zur Übersetzung von Benutzerhandbüchern

Viele Übersetzer verdienen sich mit der Übersetzung von Benutzerhandbüchern und ähnlichen Dokumenten ihren Lebensunterhalt. Deshalb ist diese Textkategorie gerade für die Sprachrichtung Englisch > Deutsch so wichtig.

Im Gegensatz zu allgemeinen, literarischen oder marketingbezogenen Texten, wo es in erster Linie auf den Stil ankommt, liegt der Schwerpunkt bei technischen Texten auf fachlicher Genauigkeit, korrekter Terminologie und leicht verständlicher Ausdruckweise.

In einem eher literarischen Text ist Abwechslung in puncto Wortwahl und Satzkonstruktion nicht nur angebracht, sondern sogar erwünscht. In einem Benutzerhandbuch würde ich allerdings davon abraten. Es hilft dem Anwender sehr wenig, wenn der Übersetzer in einem Satz von einem Dialogfeld, in einem anderen von einem Dialogfenster und in einem dritten von einer Dialogbox spricht oder wenn Anweisungen einmal im Imperativ und dann im Infinitiv geschrieben sind.

Ich kann nicht genug betonen, wie wichtig Einheitlichkeit ist: einheitliche Terminologie, einheitlicher Stil, einheitliche Satzkonstruktion. In dieser Hinsicht lässt sich ein technischer Text fast wie eine mathematische Formel betrachten:

Wort A (Englisch) = Wort A (Deutsch)

NICHT:

Wort A (Englisch) = Wort A (Deutsch) ODER Wort B (Deutsch) ODER Wort C (Deutsch)

Beispiel: „Screen“ lässt sich auf vielerlei Weise übersetzen. „Bildschirm“, „Monitor“, „Anzeige“ oder sogar „Display“. Egal, wofür ihr euch entscheidet (bzw. was der Kunde will), verwendet eine und nur eine Übersetzung.

Das gleiche gilt für Satzkonstruktionen:

Für Anweisungen wie „To read a document, double-click the file icon“ gibt es mehrere Möglichkeiten:

A: Um ein Dokument zu lesen, doppelklicken Sie auf das Dateisymbol.
B: Doppelklicken Sie zum Lesen eines Dokuments auf das Dateisymbol.
C: Doppelklicken Sie auf das Dateisymbol, um das Dokument zu lesen.
D: Zum Lesen eines Dokuments auf das Dateisymbol doppelklicken.
...

Egal, für welche Konstruktion ihr euch entscheidet (A ist für mich die einfachste und deshalb angemessenste), seid konsequent und wechselt nicht zwischen mehreren Alternativen hin und her. Das würde den Leser unnötig verwirren.

Drückt euch so leicht verständlich wie möglich aus. Verwendet einfache Sätze, auch wenn sie für euch vielleicht zu einfach klingen. Ihr verfasst kein literarisches Meisterwerk, sondern einen Text, der benutzerfreundlich sein soll.

Beispiel:

Englisch: To zoom in on an element, select the Zoom tool located in the Tools panel, and click the element.

Alternative A: Durch Auswahl des im Bedienfeld „Werkzeuge“ befindlichen Vergrößerungswerkzeugs und anschließendes Klicken auf das gewünschte Element lässt sich dieses vergrößert darstellen.

Alternative B: Um ein Element vergrößert darzustellen, wählen Sie im Bedienfeld „Werkzeuge“ das Vergrößerungswerkzeug aus und klicken Sie dann auf das Element.

Alternative A hört sich elegant an und ist völlig korrekt. Alternative B ist zwar nicht so elegant, aber wesentlich einfacher formuliert und deshalb einfacher und schneller zu verstehen. Für mich ist Alternative B die bessere Lösung für ein Benutzerhandbuch, da selbst ein weniger gebildeter Leser die zu vermittelnde Information sofort begreift.

Versucht in einem technischen Text nicht, euch literarisch zu verwirklichen, sondern denkt an das Zielpublikum und passt euren Stil entsprechend an. Ihr habt eure Aufgabe erfolgreich gemeistert, wenn der Benutzer nicht merkt, dass er eine Übersetzung liest!

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